Das Handwerk des Bürstenmachers

 

Die Anfänge der Bürstenmacherei verlieren sich im Dunkel der Jahrtausende. Genaue Belege aus der Frühzeit fehlen. Allerdings sind Bürsten als Gebrachsgegenstände schon im alten China und in Ägypten der Pharaonen anzutreffen. Auch die Römer verwendeten sie wie archäologische Funde beweisen. Dabei ähneln die Formen der damaligen Bürsten den heutigen sehr.

Für das deutsche Mittelalter gibt es nur einen Beleg aus dem 13. Jahrhundert, und zwar erscheint die Bürste im Sachsenspiegel von 1220 als Rechtssymbol. Im 16. Jahrhundert muss aber das Bürstenhandwerk sehr weit verbreitet gewesen sein, dann häufige Belege in Handwerksbeschreibungen dieser Zeit weisen darauf hin. Die Bürstenmacher waren in Zünften organisiert. Es handelte sich um ein "geschenktes Handwerk", d.h. die reisenden Gesellen wurden freigehalten und erhielten als Lohn Geschenke (Bürsten und Besen), die sie auf ihren Wanderschaften feilboten. Die Lehrzeit eines Bürstenmachers dauerte je nach Gegend zwischen drei und sechs Jahren. Die Erzeugnisse des deutschen Bürstengewerbes waren berühmt und von hoher Qualität. Sie wurden in dieser Zeit bis in die Türkei gehandelt.

Aus dem 17. Jahrhundert erfahren wir nur einiges über den Borstenhandel. Die besten Borsten kamen zu dieser Zeit aus Polen, wo in weitläufigen Waldungen große Schweineherden gehalten wurden. Auch russischen Borsten waren begehrt. Hauptumschlagplätze waren im 18. Jahrhundert die Frankfurter Messe und Danzig. Am teuersten waren die weißen Borsten. In einem Werk des 19. Jahrhunderts erfahren wir mehr: "..., und es dürfte nicht Jedermann geläufig sein, das ein Pfund Borsten bester Sorte etwa 2 Thaler zu kosten pflegt, mithin eines der mächtigen Fässer, in denen die Ware sortiert oder unsortiert in den Großhandel kommt, einen Werth bergen kann, der an die 1000 Thaler hinanreicht."

Die Borsten wurden vom Bürstenmacher gekämmt, in heißer Alaunlösung gereinigt, längere Zeit der Luft und Sonne ausgesetzt, um sie zu bleichen. Oftmals wurden die Borsten auch gefärbt. Hierzu verwendete man Essig und Krapp (rot), Safran (gelb) und Holunderbeeren für eine blaue Färbung. Neben den Borsten verwendeten die Bürstenmacher auch Pferde-, Dachs-, Ziegenhaare und den Schweif der Eichhörnchen. Die Pferdehaare bezog er zu dieser Zeit vom Perückenmacher, der nur die Haare verwendete, die einen Glanz hatten.
Großen Aufschwung erhielt die deutsche Bürstenmacherei durch einen Todtnauer Müllersohn namens Leodegar Thoma (1756 - 1821). Ihm ist es zu verdanken, dass die Bürstenmacherei zu der jüngsten der historischen Hausindustrien des Schwarzwaldes wurde. Es wird berichtet: "Die Arbeitsteilung ist es, die der Schwarzwälder Bürstenmacherei einen gewaltigen Vorsprung vor dem zünftigen Gewerbe gab. Thoma teilte die Arbeiten unter seiner zahlreichen Familie dergestalt aus, dass der eine mit Zurechtlegung der Borsten, der andere mit dem Binden, der dritte mit der Herrichtung des Bürstenholzes, ein vierter mit der Einsenkung der Haarbüschel, andere mit Verpichen, Durchziehen usw. beschäftigt wurden." Später sonderten sich die Haarbinder von den Borstenbindern. Das "Hölzlemachen" wurde zu einem eigenen Gewerbe, und das Sammeln der Borsten wurde eine eigene Beschäftigung.

 

Handeinzug

Als Handeinzug bezeichnet man das Einziehen von Besen, Bürsten usw. von Hand. Handeingezogene Ware überzeugt immer wieder durch ihre hohe Qualität, Langlebigkeit und ihre außergewöhnliche Schönheit. Der Handeinzug ermöglicht individuelle Gestaltung und lässt jedes Exemplar als kleines Kunstwerk erscheinen. Auch bietet sich hier die Möglichkeit der Reparatur von oftmals besonderen "Erbstücken".
Zum Einziehen wird zunächst der entsprechende Holzkörper benötigt, welcher aus einem Stück bestehen kann, wie z.B. bei Schrankbesen, bei denen der Draht nachher sichtbar bleibt. Er kann auch aus zwei Teilen bestehen, wie z.B. bei Handfegern und Besen. Hier wird der ungebohrte Teil als Deckblatt zum Verdecken des Drahtes verwendet. Die Hölzer sind mit konisch gebohrten Löchern versehen, was bewirkt, dass sich die richtigen Menge Besatz selbst im Loch festzieht. Bei zu viel Haaren passt das Büschel nicht ins Loch, bei zu wenig fällt es durch.
Neben den Haaren und Fasern benötigt der Bürstenmacher einen elastischen Spezialdraht, der auf einer Stockspindel aufgewickelt ist. Zu Beginn fädelt er den Draht in die kleinere Öffnung des Anfangsloches, so dass er vor der gegenüberliegenden großen Öffnung eine Schlaufe bildet. In diese Schlaufe wird nun das Besatzmaterial gelegt, doppelt gehalten und festgezogen. So wird Loch für Loch und Reihe für Reihe gearbeitet.
Nach jeder Reihe erfolgt der Schnitt des Besatzmaterials. Die Löcher werden nach einer bestimmten Reihenfolge gearbeitet, so dass die ganze Besatzfläche mit einem Stück Draht fertiggestellt werden kann. Zuletzt wird das Anfangs- mit dem Endstück verdreht bzw. vernäht und gegebenenfalls der Deckel aufgeschraubt bzw. genagelt. Als letzter Schliff erfolgt das Ausputzen des Werkstückes mit einem Metallkamm oder einer Hechel. Ein kleiner Tipp: Sie erhalten die Schönheit Ihrer Besen und Bürsten länger, wenn sie hängend bzw. auf dem Rücken liegend aufbewahrt werden, damit der Besatz sich entfalten kann.

 

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